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Fortgeschrittene Buchhaltung10. Juli 202516 Min. Lesezeit

Fintech Rekonciliation und Chargebacks 2025: Warum stimmt der Auszug nicht mit der Buchhaltung überein

Haben Sie das Gefühl, dass die Zahlen von Stripe, PayPal oder Revolut nie mit Ihrer Buchhaltung übereinstimmen? Sie sind nicht allein. Dieser Artikel erklärt die 5 Hauptgründe und wie man sie löst.

Ing. Marián Drozd

Steuerberater, 20+ Jahre Erfahrung

Aktualisiert: Dezember 2025

5 Gründe warum der Fintech-Auszug nicht mit der Buchhaltung übereinstimmt

Bei Audits slowakischer E-Shops und SaaS-Unternehmen habe ich 5 häufigste Ursachen für Abweichungen zwischen Fintech-Auszügen und Buchhaltung identifiziert. Die meisten Probleme entstehen durch Unverständnis des Net-Settlement-Mechanismus und zeitliche Verschiebungen.

1Net Settlement vs. Brutto-Auszug

Stripe und PayPal zahlen Nettobeträge aus (nach Abzug der Gebühren), aber in der Buchhaltung müssen Sie Bruttoumsätze und Gebühren separat erfassen.

2Rolling Reserves (einbehaltene Sicherheiten)

Stripe und PayPal können 5-25% der Umsätze als Reserve für 90-180 Tage einbehalten. Dieses Geld gehört Ihnen, befindet sich aber nicht auf dem Bankkonto.

3Zeitliche Verschiebung der Auszahlungen (Payout Delay)

Stripe zahlt standardmäßig T+2 aus, PayPal T+1 bis T+5. Umsätze aus Dezember können erst im Januar auf dem Konto ankommen = Übergang zwischen Buchungsperioden.

4Chargebacks und Rückerstattungen

Rückerstattungen verringern den Umsatz, Chargebacks fügen zusätzlich eine Gebühr von 15-20 € hinzu. Beide Typen erfordern unterschiedliche buchhalterische Behandlung.

5Multi-Währung und Konversionsunterschiede

Stripe konvertiert USD zu EUR mit eigenem Kurs, der vom EZB-Kurs abweicht. Es entstehen Kursdifferenzen, die verbucht werden müssen.

Net Settlement vs. Brutto: Praktisches Beispiel

Häufigster Fehler: Der Buchhalter sieht einen Eingang von 970 € auf der Bank und verbucht ihn als Umsatz. In Wirklichkeit betrug der Umsatz 1.000 € und 30 € waren Gebühren.

Situation:

Ein E-Shop erhielt eine Zahlung von 1.000 € über Stripe. Stripe-Gebühr: 1,5% + 0,25 € = 15,25 €. Auf dem Konto kommen 984,75 € an (Net Settlement).

FALSCHE Buchung (nur netto)
VorgangSollHaben
Eingang auf KontoBank / 984,75 €Umsatz / 984,75 €
RICHTIGE Buchung (brutto + Gebühr)
VorgangSollHaben
Rechnung an KundenForderungen / 1.000 €Umsatz / 1.000 €
Zahlung auf Stripe (brutto)Fintech-Konto / 1.000 €Forderungen / 1.000 €
Stripe-GebührBankgebühren / 15,25 €Fintech-Konto / 15,25 €
Auszahlung auf BankkontoBank / 984,75 €Fintech-Konto / 984,75 €

Warum ist das wichtig?

Bei falscher Buchung weisen Sie niedrigere Umsätze (984,75 € statt 1.000 €) und keine Kosten für Gebühren aus. Das Finanzamt kann Ihre Berichte anzweifeln, da sie nicht mit den Rechnungen übereinstimmen.

Rolling Reserves: Buchung einbehaltener Mittel

Stripe und PayPal können für neue Konten oder risikoreiche Branchen (Glücksspiel, CBD, Forex) einen Teil der Umsätze als "Rolling Reserve" einbehalten. Typischerweise 10-25% für 90-180 Tage.

SituationSollHabenBetrag
Umsatz 1.000 €, Reserve 10%Stripe verfügbarForderungen900 €
Einbehaltene ReserveStripe ReserveForderungen100 €
Freigabe nach 90 TagenStripe verfügbarStripe Reserve100 €

Tipp: Analytische Buchführung

Unterteilen Sie das Fintech-Konto in Unterkonten: Verfügbare Mittel, Rolling Reserve, Pending Payouts. Das erleichtert die monatliche Rekonciliation.

Chargebacks vs. Rückerstattungen: Der wesentliche Unterschied

Eine Rückerstattung (Refund) ist eine freiwillige Rückzahlung an den Kunden. Ein Chargeback ist eine strittige Zahlung, die von der Bank des Kunden initiiert wird. Die buchhalterische Behandlung ist unterschiedlich.

Rückerstattung (freiwillig)

  • • Umsatzminderung (Stornorechnung)
  • • Stripe-Gebühr wird nicht erstattet
  • • Buchung: Stornobeleg
  • • MwSt. wird in der Steuererklärung korrigiert

Chargeback (Streitfall)

  • • Verlust der ursprünglichen Zahlung + Gebühr 15-20 €
  • • Kann sofort von Stripe abgebucht werden
  • • Buchung: Sonstige Aufwendungen
  • • Bei gewonnenem Streit: Rückbuchung

Praktisches Beispiel: Chargeback

Ein Kunde hat eine Zahlung von 100 € über seine Bank reklamiert. Stripe hat 100 € + Gebühr 15 € abgebucht. Nach 45 Tagen hat das Unternehmen den Streit gewonnen und Stripe hat 100 € zurückerstattet (nicht die Gebühr).

DatumVorgangSollHaben
1.11.Chargeback - ZahlungsverlustSonstige Aufwendungen / 100 €Fintech-Konto / 100 €
1.11.Chargeback-GebührBankgebühren / 15 €Fintech-Konto / 15 €
15.12.Streit gewonnen - RückerstattungFintech-Konto / 100 €Sonstige Aufwendungen / 100 € (Storno)

Ergebnis: Das Unternehmen hat nur 15 € verloren (Streitgebühr), der ursprüngliche Umsatz bleibt bestehen.

Multi-Währung: Korrekte Buchung von Kursdifferenzen

Wenn Sie Zahlungen in USD/GBP über Stripe erhalten, entstehen 2 Arten von Kursdifferenzen:

1. Kursdifferenz bei Eingang

Differenz zwischen EZB-Kurs am Rechnungstag und Kurs am Zahlungstag auf Stripe.

2. Kursdifferenz bei Konversion

Differenz zwischen Stripe-Kurs (eigen) und EZB-Kurs am Tag der Konversion zu EUR.

Praktisches Beispiel:

Rechnung: 100 USD (EZB-Kurs 1,10, d.h. 90,91 €). Stripe erhielt Zahlung bei Kurs 1,08 (92,59 €). Stripe konvertierte zu EUR mit eigenem Kurs 1,09 (91,74 €).

VorgangSollHaben
Rechnung 100 USD (Kurs 1,10)Forderungen / 90,91 €Umsatz / 90,91 €
Zahlung auf Stripe (Kurs 1,08)Fintech USD / 92,59 €Forderungen / 90,91 €
Kursgewinn (1,68 €)-Kursgewinne / 1,68 €
Stripe-Konversion (Kurs 1,09)Fintech EUR / 91,74 €Fintech USD / 92,59 €
Kursverlust (0,85 €)Kursverluste / 0,85 €-

Vereinfachung bei kleinen Volumina

Bei kleinen Volumina (bis 10.000 € monatlich in Fremdwährung) können Sie den monatlichen Durchschnittskurs der EZB verwenden. Dies muss jedoch das ganze Jahr konsistent angewendet werden.

Jahreswechsel: Zeitliche Abgrenzung von Fintech-Zahlungen

Zahlungen, die am 30.-31. Dezember über Stripe eingehen, kommen erst am 2.-3. Januar auf dem Bankkonto an. Wie verbucht man das am Übergang zwischen Buchungsperioden?

Regel: Periodenabgrenzung

Der Umsatz gehört in die Periode, in der der Anspruch auf Zahlung entstanden ist (Tag der Lieferung/Leistung), nicht wann das Geld auf dem Konto eingeht. Stripe-Guthaben zum 31.12. gehören in die Bilanz.

  • • Umsatz vom 30.12. → gehört zu 2025 (auch wenn er am 2.1.2026 eingeht)
  • • Stripe-Guthaben zum 31.12. → Fintech-Konto in der Bilanz
  • • Pending Payouts → Forderung gegenüber Stripe

Abschlussarbeiten zum 31.12.

PrüfungMaßnahme
Stripe-Guthaben zum 31.12.Mit Fintech-Konto (Stripe-Analytik) vergleichen
Pending PayoutsAls Pending erfassen
Rolling ReservesErfassen, Fälligkeit prüfen
Offene ChargebacksRückstellungsbildung erwägen
WährungsumrechnungBestände mit EZB-Kurs zum 31.12. bewerten

Praktische Checkliste: Monatliche Rekonciliation

Häufigste Fehler bei der Fintech-Rekonciliation

1

Netto statt Brutto buchen

Umsätze müssen in voller Höhe erfasst werden, Gebühren separat.

2

Rolling Reserves ignorieren

Einbehaltene Mittel sind Ihr Vermögen und gehören in die Bilanz.

3

Rückerstattung und Chargeback verwechseln

Rückerstattung = Umsatzstorno, Chargeback = Aufwand + Gebühr.

4

Fehlende Kursdifferenzen

Stripe-Kurs ≠ EZB-Kurs. Differenzen müssen gebucht werden.

5

Nur mit Bankauszug abgleichen

Auch Stripe-Guthaben muss abgeglichen werden, nicht nur Auszahlungen.

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